Mittwoch, 8. August 2007

Selber was tun?

Persönliche CO2-Bilanz berechnen

Teurere Lebensmittel

Wer sahnt ab?

Mit Hochgeschwindigkeit zum nächsten Manager-Meeting?

Hamburg - "Es ist nicht korrekt, wenn so ein Lokführer, der wirklich viel Verantwortung trägt, 1500 Euro netto bekommt", sagte Gabriel dem Magazin "Stern": "Wenn die mich mit 300 Sachen durchs Land fahren, möchte ich nicht, dass die sich mit Existenzsorgen quälen." Gabriel verband dies mit der Forderung an seine Partei zu einer Kurskorrektur: "Soziale Gerechtigkeit muss wieder ins Zentrum unserer Politik rücken."

Weblog Anna Kühne:

Welchen Weg soll ich gehen?

Die Gefahr des Revisionismus

von Rüdiger Heescher
attac-d


Die Sommerakademie und Ratschlag sind vorbei. Alle haben sich über die Erfolge der G8 Proteste gefreut und der Erfolg macht vielleicht viele Menschen trunken. Doch wenn wir mal ehrlich sind, sind die Erfolge, die wir in Heiligendamm hatten nur eine Schlacht, die wir gewonnen haben, aber es ist noch lange nicht der Krieg gewonnen, der sich jetzt ernsthaft und bedrohlich ausweitet. Man muss nur auf die Bedrohung der Zerschlagung unseres demokratischen Rechtsstaates durch unsere Regierung aufmerksam machen um zu sehen, dass der Krieg des Neoliberalismus/Kapitalismus gegen den Bürger nun erst recht forciert wird.


Pedram Shayar verkündete auf einem Podium im Gespräch mit Heiner Geißler, dass der Neoliberalismus langsam in die Defensive gerät und der Neoliberalismus abgedankt hat, weil die Menschen verstehen, dass Neoliberal nicht gut für die Menschen ist, sondern nur der Wirtschaft dient und gegen die Menschen arbeitet.


Es ist sicherlich so, dass man davon ausgehen kann, dass die Menschen nun ein ganz anderes Bild vom Neoliberalismus haben als noch in den 90er Jahren.


Doch sollten wir es besser wissen, dass es vielfach keine Rolle spielt, wie Menschen alleine zu einem System stehen, wenn ein Ismus sein System ausbreitet bis in den privaten Bereich und so innerhalb des Systems "Sachzwänge" und Fakten schafft, die dann nur innerhalb eines Systems lösbar erscheinen.


Ein ganz praktisches und bürgernahes Beispiel kann dieses verdeutlichen:


Die Umstellung der Haushalte von Kammeralistik auf Doppik in Kommunen ist ein Beispiel für systemisches Vorgehen, welches dann Sachzwänge und Fakten schafft, die dann nur ein Handeln im Sinne des Neoliberalismus folgern. Doppik ist darauf ausgerichtet eine Kommune zu steuern indem die Politik mit ihren demokratisch repräsentativ gewählten Vertretern in den Stadträten nur noch Aktionärsversammlungen abhalten aber die Entscheidungen nur noch durch das Doppiksystem fallen, welche dann als Zwangsläufigkeit durch die Verwaltung ausgeführt wird, die keine Entscheidung der gewählten Vertreter mehr braucht und auch nicht mehr zulässt. Denn der Spielraum für Entscheidungen ist durch das System vorgegeben, welches sich dann bei Doppik nur noch darum dreht in Realpolitik der Sachzwänge Mangel zu verwalten, was dann aber sehr gerne an die Verwaltung deligiert wird. Ein Kennzeichen dieses systemischen Vorgehens in formaler Weise lässt sich daran erkennen, dass alles so weit wie möglich in den Verwaltungshaushalt verlagert wird und der Vermögensinvestitionshaushalt nur noch minimal ist, wenn nicht sogar irgendwann verschwindet. Gestaltungsspielräume der Politik werden so also immer mehr unterbunden.


Ein Politiker muss dann BWL studiert haben um zu wissen, wie aus dem Verwaltungshaushalt mit getricksten Abschreibungen und Rücklagen jongliert werden kann um dann für sein Anliegen überhaupt noch Investitionen tätigen zu können. Dann geht es also nicht mehr um eine politische Lösung sondern nur noch um das betriebswirtschaftliche Geschick, was ein Politiker vorweisen kann um politische Entscheidungen zu ermöglichen. Da direkte Investitionen dann nicht mehr möglich sind muss man sich mit PPP Modellen arrangieren, die dann nur noch Investitionen ermöglichen, aber mit Rendite, Profit und Zinserwartungen für eine Generation zu Gunsten der Privaten Gönner, die dann investieren und zu Lasten der Bürger, die bald schon unbenannt werden müssen in Kunden. Bürger werden Kunden und haben dann das Angebot mit ihren Kosten zu schlucken. Wer sich das nicht leisten kann fällt hinten über. Die politischen Interessen ansich rücken damit immer mehr in den Hintergrund und der "Haushalt auf Pump für Generationen" wird dann Selbstzweck genauso wie wir es ja auch schon weltweit und auf Bundesebene schon erleben, dass die Wirtschaft Selbstzweck geworden ist.


Ich kann nur davor warnen zu glauben, dass der Neoliberalismus schon auf dem Rückzug wäre. Genau das Gegenteil ist der Fall, da die formalen Instrumente des Neoliberalismus nun installiert sind und gelegt wurden. Dieses ist ein Beispiel der Kommunen, was wir aber genauso betrachten müssen und unser bundes und Europathema sind sind auch viele andere Bereiche wie der Bologna Prozess, der nun ein einheitlich verschultes und privatisertes Studiensystem in 45 Ländern installiert und den Qualitätsstandards nicht im geringsten einer freien Bildung nach humboldtschen Vorbild ermöglicht.


Wer sich also mit diesem System arrangiert und in die Falle läuft innerhalb dieses straffen Selbstzweck Systems agieren zu können, der verfällt dem Opportunismus und begeht den Fehler wie schon Generationen vor uns, sich in friedlicher Koexistenz durch soziale Partnerschaft und sich arrangieren vollständig zu verlieren. Denn das System ist so ausgelegt, dass wer für eine menschlichere, ökologische und soziale Welt agieren möchte nur verlieren kann, da es die formale Struktur des Systems so vorgibt. Es gibt keinen Platz innerhalb dieses Systems mit seinen jetzt noch strafferen Strukturen als zuvor für weltverbessernde Ideen und Durchsetzungsmöglichkeiten, da dieses System uns immer nur Mangel vorrechnet aber bestimmt nicht den Reichtum, der erst recht andauernd gehäuft wird. Aber halt nur an anderer Stelle als bei den Menschen/ Bürgern/ Weltenbürgern. Der Reichtum wird nur für wenige existent sein, wie wir es heute schon sehen können.


Daher meine Warnung an alle nicht einem Revisionismus aufzuerliegen, der vielleicht gerade kuschelig sein mag, da die Strapazen der Kämpfe der Vergangenheit ermüdet haben.


Selbst ein Heiner Geißler hat auf dem Podium auf der Sommerakadmie davor gewarnt diesem Irrtum aufzuerliegen. Auch wenn Heiner Geißler bestimmt keine Referenz für Linke darstellt ;-), hat er mit dieser Aussage recht gehabt.


Attac muss der streitbare Stachel bleiben, der immer in die Wunden hineinpiekt wo das System versagt.


Nur wenn durch Streit ein Misstand aufgezeigt wird, wird er auch beachtet. Durch kuscheliges diskutieren werden wir nur verlieren. Auch das war die Botschaft von Heiner Geißler auf dem Podium, damit nicht solche Irrtümer auftauchen können, wie sich anscheinend bei einigen breit gemacht hat. Auch wenn wir nun im bürgerlichen Umfeld bis zur CDU angekommen sind können/dürfen wir nicht aufhören der Stachel zu sein und müssen Streiten und kämpfen.


Wir erhalten nur die Anerkennung, Bewunderung und den Respekt durch den Streit und das unermüdliche Kämpfen für Gerechtigkeit in der Welt und wir würden gleich untergehen sobald wir glauben irgendwo angekommen zu sein und uns arrangieren können. Dann hätte gleich der Neoliberalismus gewonnen.


Der Neoliberalismus hat durch seine formalen Strukturen schon sein System installiert und braucht nur noch warten, dass alles seinen Gang nimmt. Das ist das Prinzip, was wir immer aufgezeigt haben, wogegen wir kämpfen und immer darauf aufmerksam gemacht haben durch unsere ökonomische Alphabetisierung in der Bildungsarbeit.


An uns liegt es dieses immer streitbar offen zu legen und zu zeigen wieso etwas so oder so funktioniert und dabei zeigen, dass es eigentlich gar nicht an Mangel sondern an der gewollten formalen Struktur leigt die diesem System zugrunde liegt. Ein System, welches nur darauf ausgerichtet ist die Verwertung der Kapitalinteressen zu stärken, aber nicht dem Menschen zu dienen.


Dieses Bewusstsein darf uns nie verloren gehen. Sobald wir uns einlullen lassen durch tagesaktuelle Geschehnisse, die uns glauben lassen einen Erfolg errungen zu haben, die nun den Rückzug des Neoliberalismus signalisiert haben wir schon verloren.


Das darf uns nicht passieren! Stoppt und verbannt daher sofort den Revisionistischen Gedanken, auch wenn ein Heiner Geißler nun in unseren Reihen ist und ein paar Kokreismitglieder jetzt glauben angekommen zu sein.


Das ist nicht der Fall!!!


Das System ist unerbittlich und kennt keine Gerechtigkeit und Menschlichkeit auch wenn es immer sowas vorgaukelt. Es kennt nur Effizienz in Zahlen und Profite. Das wird sich nicht ändern solange dieses System bestehen bleibt.


Daher ist der Schritt zu sagen, dass wir nun auch direkt von einer Kapitalismuskritik sprechen und nicht mehr nur von einer neoliberalen Globalisierungskritik der richtige und einzig gangbare Weg, den wir auf dem Ratschlag beschlossen haben. Nur darf es nicht so laufen, dass wir nun vermeintlich radikalere Worthülsen benutzen und dann doch im Denken dem Revisionismus auferliegen.


Diese dialektische Gefahr besteht seit Anbeginn der linken überhaupt und konnten wir in der Geschichte oft genug beobachten.


Lasst uns dieses immer im Bewusstsein halten und immer im Hinterkopf bewahren, falls solche Situationen auftreten, die Gefahren des Opportunismus ermöglichen.

Informationszentrum Leben ohne Schule

ISLA:
Gedankensplitter zum Leben ohne Schule
via attac-d

Lilith L. - Gallery

Der Garten der Medea

Zufallsbild

Witch

Contact

Astrid Haarland M.A. Politologin - Soziale Kunst- und Ausstellungsmacherin - Commander/ISLA - a.haarland(at)googlemail.com - Choose safe communication ... ;-)

Suche

 

Comment History

Credits