Freitag, 11. Februar 2005

Der Freitagskommentar

... ist dieses Mal eine ganz persönliche Wunschliste für den Valentinstag geworden. Ich bitte dabei vorab zu entschuldigen, dass mein Wunschzettel und mein Weltbild einzig in diesem Fall dualistisch ausgelegt sind, spätestens seit dem Ende meiner doch recht lange hinausgezogenen Studienzeit fahre ich nämlich nur noch selten in das schwedische Möbelhaus mit den Holzregalen. Weil es dort so frischen Lachs gibt. Ich mag es heute viel lieber exklusiv und elitär. Nicht anspruchslos und armselig.

Sie können mit dieser dichotomischen Rollenverteilung nichts anfangen? Sie sagen, das Leben ist bunt, zu bunt für diese Dualismen, zu bunt, um es mit Grau zu verschwenden, zu bunt für graue Blogs, graue Hemden oder graue Visionen? Vielleicht haben Sie Recht. Doch bedenken Sie bitte, dass wir es den Wunschzettelerfüllern so einfach wie möglich machen sollten. Nicht, dass sich nachher noch jemand überfordert fühlt. Wir zeigen daher am besten stereotypes Verhalten mit behutsam geäußerten Vorlieben in Fragen der Erotik und Sexualität. Man fragt uns, was wir uns wünschen? Wir sagen: Einen traumhaften Tag. Einen Luxustag. Einen Tag voller Erotik, Einfühlungsvermögen, Verständnis, Geborgenheit, gutem Sex. Das wünschen wir uns am Valentinstag. Und an den restlichen 364 Tagen im Jahr.

Es sind vorsichtige Formulierungen, Sätze wie geschaffen für die Produzenten von Traumwelten für elitebewußte Frauen mit Bildungszertifikat und Webkatalog etwa. Oder für die virtuellen Lockrufverbreiter mit dem Arbeitsmaterial aus der deutschen Romantik. Sie wissen, was ich meine? Nun, ich denke an diese Sorte von Assoziationskünstlern, die ihre Inspirationen aus dem Werk des armen Dachkammerpoeten beziehen, besonders Feinsinnige mit Neigung zu täglichem Frühstück, Fick und fantasievollem Ferienambiente.

Neben der Produktion von ganz persönlichen Traumwelten steht auf meinem (Web-)Wunschzettel für den Valentinstag noch der gemeinsame Besuch des Weblogs "Corset Dreams", das ich gestern über den sehr aufmerksamkeitsstarken Hinweis im Erosblog fand. Von diesem Beitrag aus führte mein Weg selbstverständlich zu AMF Korsets, ein Tipp, der nun wirklich von ausgesucht ästhetischem Empfinden zeugt. Es gibt da nur ein kleines Problem: Ich habe leider am 6. März 2005 schon einen anderen Termin. Und eine Alternative fällt mir nun im Moment wirklich nicht ein. Vielleicht sollte ich ja wieder mit dem Rauchen beginnen. Es gibt Männer, die können einfach nicht ohne. Ich glaube, ich kann da eher nicht mit.



korsett





Auf meinem ganz persönlichen Wunschzettel zum (nächsten oder übernächsten) Valentinstag steht noch etwas anderes. Ich wünsche mir einen wahren Meister der Schrift, der das Kunstwerk beherrscht, die männliche Ausgabe der Vagina-Monologe zu schreiben. Keine Gebrauchsanleitung für Quick and Slow Food, kein Plaudern aus dem Nähkästchen, das sich später dann als Kopie der neuen Kamasutra-Ausgabe aus dem Verlag Klaus Wagenbach entpuppt. Sondern ein gelebtes Stück Lust, Empfindsamkeit und wirklicher Respekt vor fremdem und eigenem Leben. Ein Werk, nicht ohne die täglichen großen und kleinen Verletzungen, die mancher Mann nur deswegen nicht mehr als solche empfindet, weil er längst die Rollen seiner eigenen Geschichten verinnerlicht hat und zum willigen Erfüllungsgehilfen im Spiel der Spiele mutiert ist.

Verletzungen. Die eigenen und die, die wir anderen zufügen. Ich habe nichts gegen Verletzungen, die eine notwendige Änderung bewirken. Manchmal kann eine Verletzung auch Ausdruck von Achtung oder Respekt vor dem Leben bedeuten. Dann nämlich, wenn ein Rhythmus mit Hilfe dieser Verletzung durchbrochen werden will. Der Rhythmus der Atmung eines sich immer weiter zurückziehenden Menschen etwa oder der Rhythmus von Systemen, die bedrohlich werden könnten. Der Rhythmus eines maroden Systems, das gestürzt werden muß, bevor es den sicheren Untergang für alle bedeutet.

Wer aber bestimmt, was ein marodes System ist? Wer fügt wem welche Verletzungen bei, begrenzt die Borderliner, die Systeme bedrohen, wer beherrscht die Regeln des kontrollierten Grenzüberschreitens? Ich fürchte, diese Fragen lassen sich letzten Endes nur auf den Schlachtfeldern und Kampfplätzen der alten und neuen Ordnungen entscheiden. So endet denn auch mein ganz persönlicher Wunschzettel für den diesjährigen Valentinstag: Möge der Bessere gewinnen!

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