Freitag, 8. April 2005

Der Freitagskommentar

nimmt heute die Beerdigung des obersten Hirten der katholischen Kirche, Papst Johannes Paul II., zum Anlass und bringt ein Zitat zum Thema:


Eros und Caritas - über die Spaltung der Liebe

In unserer theologischen und philosophischen Tradition dagegen werden beide Formen der Liebe gegeneinander ausgespielt. Aphrodite Pandemos und Aphrodite Urania - die gemeine, sinnliche Liebe gegen die vollkommene, himmlische und übersinnliche, wenn nicht gleich noch platonische Liebe. Im christlichen Denken wird wird dann der dem sinnlich-materiell-Irdischen verhaftete Eros gegenüber Agape/Caritas als (barmherzige) Nächstenliebe prinzipiell abgewertet. Eros symbolisiert jetzt das Verlangen und Agape, bei uns besser unter dem lateinischen Ausdruck Caritas bekannt, die Selbstaufopferung. Liebe in Form von Caritas gilt selbstverständlich als die höherwertige, von Sexus einmal ganz zu schweigen. Eros wurde im monotheistischen Christentum natürlich ohnehin seines göttlichen Ranges enthoben und verkam zur bloßen concupiscientia, zur sog. 'lüsternen Liebe'. An dieser Spaltung des Eros tragen wir noch heute: Während z.B. der körperliche Eros im Sexgeschäft vermarktet wird, sucht man den geistig-seelischen Eros zunehmend in Therapie und Psychoanalyse. 'Die christliche Tradition' - so Carlos Alberto Salles - 'betet die Leidenschaft in Form der Passion an, aber nicht die Erfüllung des Verlangens, und Leidenschaft bedeutet *Leiden*, *Selbstaufopferung*. Ebenfalls wurde die Diskriminierung der Frau im mittelalterlichen Christentum eingeführt, begründet auf der symbolischen Verbindung mit der Erde, mit dem Leib, mit der Erotik."

Aus: Vera Zingsem, Lilith. Adams Erste Frau, Reclam Leipzig, 2003

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