Sonntag, 8. Mai 2005

Der eisige Wind des neuen deutschen Wir-Gefühls

Die Modeschöpferin, die adrettes Schwarz-Rot-Gold auf den Laufsteg bringt und von der nicht mehr gebückten Haltung im schicken identitätsstiftenden Outfit sinniert. Frau Christiansen, die in geradezu prophetischer Gabe das deutsche Volk vor der morgigen Reaktion der britischen Presse in Schutz nimmt. Oh ja. Es weht schon seit einiger Zeit ein eisiger Wind in diesem Land. Ein eisiger Wind, der denen um die Ohren pfeift, die es wagen, an diesem Tag Zweifel zu streuen. Denjenigen, die es wagen, sich der neuen deutschen Wir-Industrie in den Weg zu stellen. Herr Weizsäcker als einer der Wir-Gefühl-Vermittler dieser medienpräsenten Industrie beschimpft Marcel Reich-Ranicki, weil dieser statt europäischen Großmacht-Träumen unter deutscher Führung mehr Besinnung und Erinnerung an den 8.Mai 1945 verlangt. Und weil Reich-Ranicki bezweifelt, dass alle Deutschen diesen Tag als einen Tag der Befreiung im Gedächtnis haben.

Sorry - War nur ein Test!

Wer hier Krieg führt? Natürlich niemand. Es war lediglich ein kurzes Training zwecks besserer Bildung in psychologischer Kriegsführung. Und nachdem die Welt wieder einmal erfolgreich in Gut und Böse unterteilt werden konnte, an dieser Stelle ein Link zur Zusammenfassung der Ereignisse des heutigen Tages.

War and Sex (on the beach)

Anstelle von sex on the beach folgender Vorschlag:
"In the future, if you wish to declare war against a blog, e-mail me with the subject "WAR!!!" and I will take care of the formal announcements."

Die anderen schreiben derweil weiter am nächsten Buch über Blogger als politische Kommentatoren.

Blog-Wars

Allianz war gestern. Heute schickt man SchauspielerInnen auf die Lesung und spielt mit virtuellen Präferenzen von oral bis anal, das alles eine Frage der Charaktere, als da wären As, Ass oder Arsch. Ich persönlich wünsche mir aus nicht ganz uneigennützigen Gründen:
Mehr Aufmerksamkeit und Imagination, mehr Inspiration, Anreiz und Anteilnahme, bitte!

...

"Erst lesen, dann schreiben" ?

...

Die richtigen Fragen stellen.
Und auf Drohungen die einzige angemessene Reaktion zeigen:
Als Provokation und Beleidigung auffassen.
Und angemessen auf diese Beleidigung reagieren!

8. Mai 1945 - 8. Mai 2005

Der kritische Augenblick meines Besuches trat um 3 Uhr nachmittags ein. Wir hatten auf mein Begehren in der Kantine der Sträflinge etwas zu uns genommen, dann hatten wir weiter besichtigt. Um 3 Uhr nachmittags, mitten auf dem großen Freiplatz zwischen den Baracken, sagte ich zu dem Kommandanten, Standartenführer Loritz:
"Jetzt wünsche ich Herrn von Ossietzky zu sehen und zeugenlos mit ihm zu sprechen, den Hamburger Pazifisten und Schrifsteller Ossietzky".
Die Umstehenden nahmen eine fast drohende Haltung ein, Loritz, hochrot im Gesicht, preßte hervor:
"Wen wollen sie sehen? Wer ist das?"
"Sie wissen es genau!"
"Kein Häftling dieses Namens ist hier."
"Doch, er ist hier, falls er noch lebt. Wir wollen keine Zeit verlieren", dann lauter, "falls er nicht mehr lebt, mache ich sie persönlich verantwortlich".
Jetzt schrie Loritz: "Unmöglich, ausgeschlossen, ich weigere mich."
Tamaschke, der Verzweiflung nahe, versuchte, auf mich einzureden. Nun, ein einziges Mal, entschloß ich mich auch zu dem Kasernenhofton.
"Was ist das für eine verdammte Schweinerei, daß hier Befehle nicht durchgehen. Sie kennen Ihren Befehl, ich sehe die Häftlinge, die ich zu sehen wünsche, und spreche mit ihnen, Sie wissen, um was es geht."
Mehr brauchte es bei dem ehemaligen Unteroffizier nicht. Schon lief einer aus dem Gefolge in die hinterste Baracke. Dann standen wir schweigend, wieder schaute ich auf die Armbanduhr: drei Minuten, fünf, zehn.
Nach zehn Minuten kamen zwei SS-Leute, die einen kleinen Mann mehr schleppten und trugen als heranführten.
Ein zitterndes, totenblasses Etwas, ein Wesen, das gefühllos zu sein schien, ein Auge verschwollen, die Zähne anscheinend eingeschlagen, er schleppte ein gebrochenes, schlecht geheiltes Bein.
Ich ging ihm entgegen, reichte ihm die Hand, die er nicht ergriff.
"Melden!" schrie Loritz.
Ein unartikulierter, leiser Laut kam aus der Kehle des Gemarterten.
Ich zu Loritz: "Zurück"!
"Herr von Ossietzky", sprach ich zu ihm, "ich bringe Ihnen Grüße Ihrer Freunde, ich bin der Vertreter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, ich bin hier, um Ihnen, soweit uns das möglich ist, zu helfen."
Nichts.
Vor mir, gerade noch lebend, stand ein Mensch, der an der äußersten Grenze des Tragbaren angelangt war.
Kein Wort der Erwiderung.
Ich trat näher. Jetzt füllte sich das noch sehende Auge mit Tränen, lispelnd, unter Schluchzen sagte er:
"Danke, sagen Sie den Freunden, ich sei am Ende, es ist bald vorüber, bald aus, das ist gut."
Und dann noch ganz leise:
"Danke, ich habe einmal Nachricht erhalten, meine Frau war einmal hier; ich wollte den Frieden."
Dann kam wieder das Zittern.
Ossietzky verneigte sich leicht in der Mitte des weiten, leeren Lagerplatzes und machte eine Bewegung, als wollte er militärische Stellung annehmen, um sich abzumelden. Dann ging er, das eine Bein nachschleppend, mühsam Schritt für Schritt zu seiner Baracke zurück.


Carl Jacob Burckhardt, Der Häftling Nur 562 des Konzentrationslager Papenburg-Esterwegen, in:
Bernd W. Wessling, Carl von Ossietzky, Märtyrer für den Frieden, Knesebeck & Schuler, München 1989

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Astrid Haarland M.A. Politologin - Soziale Kunst- und Ausstellungsmacherin - Commander/ISLA - a.haarland(at)googlemail.com - Choose safe communication ... ;-)

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