Dienstag, 17. Mai 2005

Meine wilden Fantasien

Darf ich gerade mal korrigieren? Vorläufig hinausgeworfen wurde ich deswegen. Ich kann aber nicht nur böse Kommentare schreiben, sondern gebe auch gerne ab:
Von meinem wilden Fantasien, die das erste Blogger-Buch füllten, einige - mit Recht - beleidigte Blogger hinterliessen, mea culpa - mea maxima culpa - und die nun das nächste Hörbuch und das nächste Buch beflügeln werden. Also: Abnehmer aller Art sind herzlich willkommen.

(Anwärter und Abnehmer artiger Fantasien gehen bitte hier entlang.)

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Spaziergänge durch BlogLand. Da und dort meiner Ansicht nach ein wenig zuviel an "Ich zweifle, also bin ich". Ein Zuviel an Gedanken über Sinn und Leere der Nacht, über die Schatten des Diesseits. Handlungslegitimationen? Die kathartischen Aufmerksamkeitsspiele schizoider Individuen, die im Diesseits mit den Mitteln technokratischer Machtspiele experimentieren und dafür moralische Legitimation, vielleicht sogar Absolution von Gottvater und Co. erhoffen?
Egal, wohin Du reist: Du begegnest immer Dir selber.

Zum Tod von Kurt Sontheimer,

einem der Begründer des Faches Politikwissenschaften.
Eine persönliche Bemerkung, warum ich dieses Fach studierte.

Es sollte immer etwas Politisches sein. Nicht direkt Politik, nicht der Ortsverein, keine endlosen Diskussionen über Parkbänke oder Verkehrsberuhigungen, sondern Gespräche an Holztischen über Utopie und Alltag und dann erst die Entscheidung über die Parkbank.
Ich machte Umwege. Studierte zunächst Jura und mein Vater war sehr angetan von dieser Wahl. Die Vatertochter sollte der Verwandtschaft zeigen, dass sie besser war als der Cousin, ein abgebrochener Jura-Student. Vater wollte stolz sein auf seine Tochter, sie sollten endlich zu ihm heraufblicken und nicht hinab, was sie zeit ihres Leben getan hatten: mit leichter Verachtung auf ihn herabgesehen. Auf ihn, der nicht so rein und katholisch war wie sie, behaftet mit diesem Makel, den seine Mutter, ihre Schwägerin, in die Familie getragen hatte. Behaftet mit dem Makel, der nicht verschwand, weil sie in den Lagern nicht verschwand.

Ich konnte und wollte ihm seinen Willen nicht erfülllen, hielt es nicht aus, brach ebenfalls ab und brachte ihm Schande. Brachte ihn um die Möglichkeit, seine Form von Rache an den Demütigungen zu nehmen. Ich hatte versagt in seinen Augen und viele Jahre später erst wurde alles wieder gut wenige Monate vor seinem Tod. Ich studierte dann Politikwissenschaften. Wollte herausfinden, warum Menschen dazu fähig sind, anderen Menschen unendlichen Schmerz beizufügen. Wollte herausfinden, warum das Kollektiv sich verführen lässt und wie die Massen sich mit Hilfe von Medien manipulieren lassen. Jeder aus meinem Semester wollte damals JournalistIn werden. Ich wollte das nicht. Mir fehlte in diesem Studium die Auseinandersetzung mit den Werkzeugen der Macht: Medientheorien, Medienpolitik, neue Medien, das waren Stichworte, die in Köln und Bonn erst nach meiner Studienzeit ernsthaft in den Lehrplan des Faches Politikwissenschaft aufgenommen wurden. Ich wollte das Handwerkszeug der Verführung, der Manipulation und der Aufklärung lernen, unterbrach mein Studium und arbeitete in einer Werbeagentur, machte eine Zusatzausbildung als Kommunikationswirt und pendelte während meiner Abschlussarbeit zwischen Uni und Werbefachlicher Akademie hin und her, um über langanhaltende Verhaltensänderungen bei Werbekampagnen am Beispiel der AIDS-Aufklärung zu forschen.

Später trafen wir uns alle in den Seminaren wieder, kurz vor Abschluss unseres Studiums. Viele arbeiteten bereits als Journalisten, waren an die mittlerweile ungeliebte Uni zurückgekehrt, um zwischen Tür und Angel noch schnell den Magister zu machen, die Töne in den Seminaren zwischen unseren Professoren und uns wurden schärfer. Ich wollte immer noch keine Journalistin werden, hatte aber auch die Nase gestrichen voll vom Handwerkszeug des Marketing und Meinungsmachens. Mein damaliger Freund vermittelte mir dann den Kontakt zu einer der großen politischen Stiftungen. Man ließ mir viel Gestaltungsspielraum in meinen Seminaren, ich lernte von meinen TeilnehmerInnnen eine Menge über ihren Umgang mit Medien, diskutierte mit ihnen über die Grenzen zwischen Politik und Privatem, erfuhr von einigen, warum sie zu Parteien gegangen waren, die ausserhalb des demokratischen Spektrums stehen und integrierte im Laufe der Zeit immer mehr das Internet in meine Arbeit. Andere übernahmen später meine Seminar-Konzepte und ich zog mich aus verschiedenen Gründen zurück. Nach einigen Jahren wurde ich Bloggerin.

Es gibt mittlerweile Milionen von Blogs im Internet. Die Grenzen zwischen Privatem und Politischem werden mit Hilfe dieses Mediums weiter aufgelöst. Für die einen bedeutet das die Hoffnung auf ein Stück gelebte Utopie, andere sehen die Gefahren des schwindenden Einflusses ihrer Machtmittel, Begriffe wie Infowar und Netwar verdecken dabei nur schwach die Interessen der handelnden Akteure. Ich bin froh, den Elfenbeinturm der Politikwissenschaften verlassen zu haben. Die Schreibstuben der Beobachter und Berichterstatter interessierten mich nicht, es war nicht mein Handlungsfeld. Ich fand meinen Platz im BlogLand und begriff erst langsam, dass ich längst Teil geworden bin eines immer härter werdenden Kampfes um Aufmerksamkeit und Inhalte. So soll es denn sein.

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Astrid Haarland M.A. Politologin - Soziale Kunst- und Ausstellungsmacherin - Commander/ISLA - a.haarland(at)googlemail.com - Choose safe communication ... ;-)

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