Sonntag, 20. August 2006

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"Was du nicht willst, dass man dir tu', das füge stets dem andern zu."
Ein religions- und kulturübergreifendes, nicht nur männliches Phänomen, das immer mehr in Mode kommt.

Von Gurken und Gärtnern

Ich sehe jetzt nicht, dass Wegsehen aus der Mode gekommen ist. Mit der Heiterkeit unbedarft spielender Jungs und Mädchen (?) im Sandkasten werden Geschichtchen gebloggt, deren Inhalte alleine dem Leben der Anderen entstammen. Und es werden Spielchen und Spiele gespielt, deren Sinn es ist, den anderen endlich den Schritt über den Abgrund machen zu lassen. Oh, diese Angst. Natürlich! Diese schlimme schlimme Existenzangst ganzer Branchen. Ist es denn da ein Wunder, dass? Und sind nicht Familien mit kleinen Kindern zu ernähren, wichtige Promotionen zu schreiben oder das philosophierende Schreiben fortzuführen ? Hat man denn da noch eine Wahl? Doch. Man würde ja schon wollen. Wenn man denn könnte. Aber man konnte und kann halt nicht anders.

"Eine Befreiung aus der apokalyptischen Matrix?"

Die Religion ist seit Ende des 20. Jahrhunderts entgegen allen Erwartungen zu einem weltweiten soziokulturellen Phänomen auf der Bühne der Politik geworden. Parallel zur ökonomischen, kommunikativen und politischen Globalisierung sind wir in allen Kulturen und Ländern mit einer rasant sich ausbreitenden Hinwendung zu Glaubensinhalten konfrontiert. Für diese globale Renaissance des religiösen Bewusstseins ist nicht zuletzt der Zusammenbruch der kommunistischen und vorher der faschistischen Staaten verantwortlich. Beide totalitären Systeme waren aufs engste verbunden mit Visionen und Utopien von (in ihrem Sinne) idealen Gesellschaften. Der heute übrig gebliebene und sich immer stärker feudalistischen Strukturen annähernde Global- und Turbokapitalismus der Großkonzerne, die stets wachsende Arbeitslosigkeit, die Kluft zwischen Arm und Reich usw. haben die Sehnsucht nach Erlösung von den bestehenden gesellschaftlichen und ökonomischen Zwängen in eine religiöse Richtung geleitet.




Eine fehlende neue intellektuelle Kulturbewegung, die sich philosophisch und visionär mit der condition humaine auseinandersetzt, hat diesen Prozess noch beschleunigt. An die Stelle der bisherigen sozialen Utopien sind nun die Heilsversprechungen der Religionen von einer vollkommenen Welt getreten; anstelle eines sozial-revolutionären Führers erwarten Millionen das Erscheinen eines militanten Welterlösers. Wiederbelebt wurden alle nur denkbaren Mythen, Bilder und Lehrsätze des religiösen Traditionalismus, der die moderene westliche Welt herausfordert und der mehr und mehr fundamentalistische Formen annimmt. Mittlerweile hat dieser 'moderne' weltweit agierende Fundamentalismus eine eigene politische Theologie entwickelt, die je nach religiöser Ausrichtung variiert, aber im Kern sehr ähnliche Ziele mit verblüffend ähnlichen Mitteln verfolgt. In ihrer Gewaltbereitschaft, ihrer Demagogie, ihrer Suggestionskraft und ihrem Totalitarismus ist diese politische Theologie des 21. Jahrhunderts nur mit den machtvollen ideologischen Systemen des Faschismus und Kommunismus vergleichbar. Jede einzelne Variante des religiösen Fundamentalismus stellt ihren eigenen Anspruch auf Globalisierung.




Obwohl sich die Protagonisten als Todfeinde gegenüberstehen, ähneln sich die fundamentalistischen Religionsströmungen wie ein Ei dem anderen. Die radikale Absage an die bestehende Gesellschaft, der Ausschluß der Frauen von den religiösen Ämtern, die Befürwortung des Heiligen Krieges als Mittel der Politik, die Todesmystik des Martyriums, die Erwartung eines kriegerischen Heilsbringers, grenzenlose Zerstörungsphantasien, die Inkarnation des Bösen in der Gestalt des andersgläubigen Gegners, der Griff nach der alleinigen Weltenherrschaft und absoluten Macht - all diese und noch viele andere (insbesondere was die Sexual- und Frauenfrage anbelangt; Hervorh. A.H.) politreligiöse Konzepte teilen sie miteinander. Vertreter der Christlichen Rechten planen einen Gottesstaat, zuerst in den USA und später für die ganze Welt; religiöse Zionisten arbeiten an der Theokratie in Israel; revolutionäre Islamisten wollen nach und nach die muslimischen Staaten und dann den ganzen Planeten in eine Islamokratie verwandeln. Insofern ist es im eigentlichen Sinne falsch, von einem 'Kampf der Kulturen' zu sprechen, denn die sich gegenseitig bekriegenden 'Kultur-Muster' decken sich in vielen Punkten. Die 'Guten' und die 'Bösen' im apokalpytischen Welttheater sind einander sich bekämpfende 'Brüder', die vom selben zerstörerischen dualistischen Geist, wenn auch jeweils mit umgekehrten Vorzeichen, getrieben werden. Trotz einiger Unterschiede in der jweiligen messianisch-eschatologischen Endzeit-Philosophie, liegt dieser eine für alle Glaubensrichtungen verbindliche gemeinsame apokalpytische Matrix zu Grunde. Man könnte auch sagen, die politische Theologie der 'modernen' fundamentalistischen Globalisierung orientiert sich an der apokalyptischen Matrix.



Aus:
Victor und Victoria Trimondi, Krieg der Religionen. Politik, Glaube und Terror im Zeichen der Apokalypse, Wilhelm Fink Verlag München 2006, S. 521 ff

Erlösung

"Eigentlich hätte ich Madonna mehr zugetraut, gerade weil sie sich ja selbst als religiös bezeichnet. Aber vielleicht kann ein alternder Star nur noch zusätzliche Aufmerksamkeit erregen, wenn er religiöse Gefühle verletzt", sagte Käßmann. "Für uns als Christen ist das Kreuz das Zeichen für das Leiden und Sterben Jesu, es hat für uns einen tiefen religiösen Inhalt"

Im philosophischen Oberseminar

"Die ständige Beobachtung durch den Großen Bruder schafft nicht nur Kontrolle, sondern auch ein trügerisches Gefühl von Sicherheit. Ob sie Kontrolle oder Sicherheit vermittelt, hängt von der eigenen Beziehung zu diesem ab. Jene, die ihn herbeirufen, haben entweder seine Normen verinnerlicht oder ihre eigenen Normen in ihn veräußerlicht, sie werden beschützt. Wer diese Normen aber nicht akzeptiert, der oder dem tritt der Große Bruder nicht als Beschützer, sondern als Aufseher gegenüber.

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Ist die permanente Überwachung erst zur Selbstverständlichkeit geworden, geht ihre Macht von der Sichtbarkeit zur Unsichtbarkeit über. Der Große Bruder stirbt und wird vom Panoptikum abgelöst. Weil Überwachung selbstverständlich und unsichtbar ist, kann sie überall sein. War es noch möglich, sich der Abwesenheit des Großen Bruders zu vergewissern, so ist das Panoptikum deswegen allgegenwärtig, weil es immer da sein könnte. So entsteht, unabhängig von tatsächlicher Überwachung, ein permanentes Gefühl des Überwachtseins und führt zur Selbstdisziplinierung der vermeintlich Überwachten. So ist das Panoptikum allgegenwärtiger als es der Große Bruder je sein könnte. Es beseitigt Fehlfunktionen in der Maschine, die Zahnräder beginnen sich schneller zu drehen. Durch den ständig steigenden ökonomischen Druck wächst die Bereitschaft sich anzupassen und andere für sich zu opfern, sie zu denunzieren. Die Werkzeuge sollen keine Gelegenheit mehr haben, zu sich zu kommen. "



Hallo? Aufwachen! Wir sind hier nicht im philosophischen Oberseminar, wo der die besten Noten bekommt, welcher den Feldversuch im Seminar vorträgt.

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Astrid Haarland M.A. Politologin - Soziale Kunst- und Ausstellungsmacherin - Commander/ISLA - a.haarland(at)googlemail.com - Choose safe communication ... ;-)

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