Den Mißbrauch von
Psychologie in Zusammenhang mit rechter Esoterik und Ideologie hatte ich bereits mehrfach thematisiert. Die aus getarntem Rollenspiel erwachsenen
Überlegenheitsgefühle beispielsweise braucht manches spielende Ich dringend für das eigene Ego.
Es gibt verschiedene Methoden des Umgangs mit den braunen zu kurz Geratenen, welche sich in diesen Spielen tummeln. Rollenspiel oder Psychodrama sind Instrumente der Psychotherapie, deren Einsatz zum einen die Zustimmung aller Akteure benötigt. Zum anderen ist
die Simulation alter traumatischer Erfahrungen, die frühere intensive Beziehungen imitiert, ohne deren heilende Auflösung in Gestalt der therapeutischen Intervention folgen zu lassen, ein Mißbrauch der Psychologie. Ein Mißbrauch zum Beispiel im Dienste der neuen Rechten. Doch was tun gegen die Spiele der neuen Rechten? Das Gedankengut
Gandhis taugt für gesellschaftlich notwendige Veränderungen. Aber manchmal braucht es eben auch noch andere Mittel. Meinen Großeltern hätte Gandhi 1943 nicht weiter geholfen, als die ehemaligen Arbeitskollegen meines Großvaters seine Ehefrau im Rahmen der
Operation Todt zu Hause verhafteten und dafür sorgten, dass sie später in das Konzentrationslager Theresienstadt kam. Meine Großmutter hatte damals ihren Ehemann davon abgehalten, die eigenen Kollegen mit der Pistole zu erschiessen. Und mancher neu gebräunte Stratege mit Platzhirschgebahren würde heute sicher auch lieber wieder
Opfer statt Täter sehen. Die ewigen Opfer? Mein Co-Autor Markus Christian Koch hat die Rolle der Frau als ewiges Opfer in seinem Film
"Salzgurken zum Fisch" wunderbar in ihr Gegenteil verkehrt. Ich gestehe, dass ich beim ersten Anblick des Films nicht wußte, ob ich Markus eher erwürgen oder ihm doch lieber zu seinem Werk gratulieren sollte. Da half auch dieser überaus erotische Musikclip nicht, in dem der nackte Saxophonist einfach zum Anbeißen aussieht. Aber: Ladies, es ist ganz und gar nicht frauenfeindlich, kein Opfer mehr zu sein! Und wenn ein Film Frauen als Täterinnen zeigt, so tut das zwar weh. Doch es ist eben auch ein Weg aus dem noch immer so präsenten Bild der Frau als leidendes Opfer. Wer stark ist, begeht halt auch Fehler. Wir brauchen viele starke Frauen. Und Männer. Wir brauchen Menschen, die bereit sind, sich mit denen auseinander zu setzen, die sich mit dem
Wut-Virus infiziert haben.