Dienstag, 15. Mai 2007

Mail von Assoziation A

Zuvor einige Links in diesem Blog:


Die Geschichte von dem Einen und von den Allen


„Odessa: Die wahre Geschichte. Fluchthilfe für NS-Kriegsverbrecher“

Subcommandante Marcos: Geschichten vom alten Antonio




Ich lese gerade die Botschaften des Sub aus dem Lakandonischen Urwald. Seine liebevoll poetisch formulierten Briefe an die internationale Zivilgesellschaft, seine Beschreibungen der Überrollung der mexikanischen Gesellschaft durch den Neoliberalismus und die sehr unterschiedliche Rolle der Medien in diesem Prozess in den 90er Jahren haben prophetischen Charakter. Wie wir jetzt alle sehen dürfen! Hier die Mail von
Assoziation A:



Liebe Freundinnen und Freunde, werte Kolleginnen und Kollegen,

leider können wir Euch/Sie nicht wie an dieser Stelle üblich auf die Neuerscheinung eines weiteren Titels von Assoziation A hinweisen, sondern müssen Euch/Sie über die Vorkommnisse der letzten Woche unterrichten. Dies weil u.a. auch ihr/Sie durch die Durchsuchung unseres Verlagsbüros ungewollt betroffen seid/sind, denn die Rechner und sämtliche Datenträger mit Euren/Ihren Adressen und Geschäftspost wurden beschlagnahmt und kopiert (und bis zur Stunde nicht zurückgegeben), alle Aktenordner und Papiere über Stunden hinweg durchgesehen.

Die Durchsuchung unseres Verlagsraums im Mehringhof sowie des Buchladens Schwarze Risse (als wichtige Verkaufsstelle des Buches) und des Umbruch Bildarchivs (das den Band layoutet hat) vom 9.5.07 wurde von der Bundesanwaltschaft damit begründet, dass die vermuteten Autoren der Herausgebergruppe A.G. Grauwacke des Buches „Autonome in Bewegung, Aus den ersten 23 Jahren“ sich zu „Brandanschlägen mit Molotowcocktails und Brandsätzen mit Zeitzündern bekennen“ würden, die sie „schon während der Tagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank im September 1988 in Berlin [verübt]“ hätten. Weiter heißt es: „Diesem Vorbild entsprechend bereiten sie seit geraumer Zeit eine ‚militante Kampagne’ im Hinblick auf den G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm vor“.

Des weiteren werden sie beschuldigt eine „terroristische Vereinigung gemäß § 129a Abs. 2 StGB gegründet zu haben“. Dieser „terroristischen Vereinigung“ werden 12 Brandanschläge aus den letzten zwei Jahren zur Last gelegt, die sie „unter wechselnden Gruppenbezeichnungen“ begangen haben soll. Die BAW erhoffte sich durch die Durchsuchung unserer Räume die „Sicherstellung von Beweismitteln, die die Autorenschaft der Beschuldigten belegten“ sollen, und wollte „unveröffentlichtes Textmaterial sicherstellen ... welches weiteren Erkenntnisgewinn im Hinblick auf die Struktur der terroristischen Vereinigung, ihrer Ziele und Betätigungshandlungen zulässt.“ (Das Buch ist nunmehr seit vier Jahren in 3. Auflage frei im Buchhandel erhältlich. Schon im Jahr 2006 war es Objekt der Begierde von Frau von der Leyen, die einen Indizierungsantrag wegen angeblicher „Jugendgefährdung“ gestellt hatte, der allerdings von der zuständigen Indizierungskommission vorbehaltlos abgelehnt wurde, und der nun sinnigerweise von der Polizei gleich mit beschlagnahmt worden ist.)

Als Beweis ihrer Anschuldigungen gibt die BAW, abgesehen von der Unterstellung, die in einem Geschichtsbuch beschriebenen – hier u.a. auch militanten – Auseinandersetzungen, wären als Bekenntnis eigener Taten zu lesen, folgendes an: die Beschuldigten hätten „schon Anfang 2005 konspirative Treffen in Berlin [abgehalten], in denen das Vorgehen im Einzelnen besprochen wurde“. „Außerdem“, heißt es weiter, „unternahmen es die Beschuldigten, unter anderem über das BUKO-Treffen vom 5. bis 8. Mai 2005 in Hamburg (28. Bundeskongress der ‚Bundeskoordination Internationalismus’), weitere Teile der linken Szene gegen den G8-Gipfel zu mobilisieren“, sich „detailliertes Kartenmaterial beschafft“ zu haben sowie teilweise am „bundesweiten Treffens zur Vorbereitung der militanten Gipfelproteste ... im Januar 2006 im Mehringhof in Berlin“ teilgenommen zu haben.

Der in einigen Presseerklärungen und Kommentaren politischer BeobachterInnen geäußerten Einschätzung, die Durchsuchungen dienten nicht konkreten Tatnachweisen und/oder Dingfestmachung vermuteter Täter (es wurden keine Festnahmen, ja nicht einmal bei allen „Beschuldigten“ Hausdurchsuchungen durchgeführt und kein Haftbefehl ausgesprochen), sondern der Einschüchterung, Verunsicherung, des Ausspähens der linken und linksradikalen Szene und ihrer Strukturen, und des „auf den Busch Klopfens“ stimmen wir zu. Genauso wie der Einschätzung, dass das Vorgehen der BAW und der dahinterstehenden politischen Instanzen als „Eigentor“ zu bewerten ist, dass die ebenfalls beabsichtigte Entsolidarisierung und Spaltung einer kritischen Bewegung zumindest vorläufig nicht erreichen konnte, sondern im Gegenteil weitere auch linksliberale gesellschaftliche Schichten an den Wert vormals verbriefter Grundrechte erinnert, die u.a. ein wirkliches Demonstrationsrecht ebenso sicher(t)en, wie ein Postgeheim
nis oder persönliche Daten vor willkürlichem behördlichem Zugriff schützten.


Assoziation A

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Astrid Haarland M.A. Politologin - Soziale Kunst- und Ausstellungsmacherin - Commander/ISLA - a.haarland(at)googlemail.com - Choose safe communication ... ;-)

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